Geschenke für Kinder im Reiseland und warum du darauf lieber verzichten solltest! www.anomadabroad.com | Entwicklungsländer | Geschenke für Kinder in Afrika | Entwicklungshilfe
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Geschenke für Kinder in Afrika: Lasst es lieber sein!

Geschenke für Kinder in Afrika – ein absolutes Reizthema. Ich bin gern im Netz unterwegs, lese Impressionen von anderen Reisenden, lasse mich inspirieren und verfolge Diskussionen in Foren und Gruppen. Gerne auch zu nachhaltigem Reisen (wenn man das überhaupt noch so bezeichnen darf).

Ein immer wiederkehrendes Thema ist das Mitbringen von Geschenken für Kinder in Afrika oder in jedes beliebige Urlaubsland, besonders wenn diese an Kinder überreicht werden.

Ich sehe das sehr kritisch und möchte mit diesem Beitrag zum Nachdenken anregen und Austausch in Gang bringen. Deswegen freue ich mich besonders, wenn du am Ende auch einen Kommentar hinterlässt und mir deine Gedanken zu diesem Thema verrätst.

Auf unseren vergangenen Reisen habe ich oft überlegt, ob wir nicht verpflichtet sind, vor Ort etwas zu geben und zu spenden. Gleichzeitig kommt der Gedanke auf, wie man das richtig anstellt. Einem Kind ein Souvenir abkaufen? Großzügig Essen verteilen? Dinge des täglichen Bedarfs ausgeben oder aus Deutschland mitgebrachte Güter an die Einheimischen verschenken?

Meine grundsätzlichen Gedanken zu Reisen in Entwicklungsländern und was Tourismus mit Kinderarbeit zutun hat, habe ich vor einiger Zeit bereits aufgeschrieben.

In diesem Artikel findest du meine Gedanken zu Geschenken für Kinder in Afrika. Übertragen kannst du sie gerne auf sämtliche Destinationen, in denen Armut unter der dort lebenden Bevölkerung herrscht. Ich freue mich über deinen Kommentar am Ende des Artikels, auch wenn du eine andere Meinung zu diesem Thema hast. Auf einen konstruktiven Austausch! Hast du Tipps für sinnvolle und nützliche Mitbringsel? Schreib sie ebenfalls gerne in das Kommentarfeld ganz unten.

Geschenke für Kinder in Afrika – wenn Schenken zum Selbstzweck wird

Warum schenken die Touristen? Warum gibt es ihnen etwas, wenn sie Kindern ein Bonbon, Buntstifte, Luftballons oder andere Goodies überreichen, auch wenn sie eigentlich informiert darüber sind, dass das für die Menschen keinen Mehrwert darstellt. Ist es Macht, die sie spüren wollen? Dankbarkeit? Wertschätzung, die sie am liebsten in ihrem Alltag in Deutschland erhalten würden?

Ist es Großzügigkeit, die sie fühlen möchten? Warum ist es uns so wichtig, anderen eine Freude zu machen? Welcher Mangel steckt bei uns dahinter, wenn wir Dinge verteilen möchten, die für die Beschenkten nur so lange verfügbar sind, wie wir an Ort und Stelle sind?

Dinge, die niemals wieder beschafft werden können, wenn sie kaputt sind? Die unerreichbar für die Beschenkten sind, auch wenn der Wunsch sie nochmals zu besitzen noch so groß ist?

Wer einmal den Geschmack eines süßen Bonbons auf der Zunge gespürt hat, der wird ihn vermutlich nie wieder vergessen. Man denke an unsere eigenen Kinder, die einmal angefixt durch Süßigkeiten gleich mehrmals am Tag danach fragen.

Was westliche Geschenke in Dritte-Welt-Ländern bewirken

Ohne Zweifel, ich sehe auch gerne leuchtende Kinderaugen. Besonders gern die von meiner eigenen Tochter. Und natürlich möchte ich am liebsten in allen Ländern der Welt Frieden stiften und den Menschen, die uns überall so freundlich auf unseren Reisen empfangen, etwas Gutes tun.

Was bedeutet es aber langfristig, wenn ich einem Kind ein Bonbon gebe, welches ihm vermutlich besonders gut schmeckt, aber dieses Bonbon danach für lange Zeit nicht verfügbar ist?

Ich fördere Verlangen und Sehnsucht.

Vielleicht forciere ich Abhängigkeit. Oder Unmut und Hass. Vielleicht auch nur ein wenig Neid, der schnell wieder aus den Gedanken verflogen ist, wenn die Touristen weiterziehen. Ob Zucker ein Suchtmittel ist, das ist eine ganz andere Diskussion. Aber zumindest entsteht eine Abhängigkeit zwischen den Menschen im Reiseland, übrigens vorwiegend Kindern, und den Touristen.

Hinzu kommt, dass vor Ort oft kein vernünftiger Umgang mit Müll gelebt wird. Geschenke aus Plastik, wie es Kugelschreiber, Luftballons und dergleichen sind, sind nichts anderes als Abfall. Früher oder später. Im besten Fall landen die Überbleibsel auf dem Feuer, dessen Flammen sowieso schon hinter dem Haus lodern und auf dem der Unrat des Alltags verbrannt wird.

Im schlimmsten Fall nimmt irgendein Nutztier, auf das eine Familie angewiesen ist, die schlaffe Luftballonhülle oder Teile des zerbrochenen Kugelschreibers während es Gras frisst auf und verendet dadurch qualvoll. Das Tier erfährt Leid und eine wichtige Nahrungsquelle der Menschen geht verloren.

Und das alles nur für ein Geschenk. Für ein bisschen Vergänglichkeit.

Außerdem hält die Aussicht auf Geschenke die Kinder davon ab, eine Schule zu besuchen oder sorgt zumindest dafür, dass sie ihr teilweise fern bleiben. Warum? Weil sie abwägen. Sie haben durch das Herumlungern auf der Straße und vor Sehenswürdigkeiten die Aussicht auf Geschenke und auf Geld, was ihnen zugesteckt wird. Dass die Grenzen zur Kinderarbeit fließend sind, wird dabei oft übersehen.

Nicht nur die Kinder selbst entscheiden sich dafür auf der Straße zu betteln. Auch die Erwachsenen merken schnell, dass Besucher und Touristen durchaus spendabler sind, wenn ein schlecht zurecht gemachtes Kind am Straßenrand sitzt. Da ist das Mitleid meist noch viel größer.

Achtung Kinderarbeit: Geschenke für Kinder in Afrika

Dass man von Kindern keine Souvenirs kaufen sollte, versteht sich von selbst. Nicht? Lies gerne meinen Beitrag und meine Erfahrungen aus Kambodscha dazu. Die Kinder werden bewusst von der Familie auf die Straße geschickt. Zum Verkaufen, zum Betteln. Aber auch mit der Aussicht auf Geschenke. Dieses Straßenleben und Beitragen zum Familieneinkommen wird eingetauscht gegen Bildung, die gerade in Ländern mit wenig Zukunft umso wichtiger wäre. Die Spirale geht weiter.

Irgendwann sind sie zum Betteln und Geschenke annehmen nicht mehr jung genug. Die Augen von kleinen niedlichen und so hilflos scheinenden Kindern leuchten für die Touristen eben mehr als die von vorpubertären Teenagern. Was dann? Bildung fehlt. Eine neue Alternative muss her. Nach dem Betteln kommt das Verkaufen.

Und wenn das nicht mehr funktioniert, dann sind Prostitution oder Eigentumskriminalität nicht mehr weit entfernt. Entweder um sich den geschaffenen Lebensstandard zu erhalten oder um ihn überhaupt erst zu erreichen. Um eine durch uns Touristen geweckte Sehnsucht zu befriedigen.

Ja, auch ein Malbuch oder ein paar Buntstifte fördern diesen Kreislauf. Warum? Weil die Handhabung dieser Sachen oft nicht beherrscht wird, aber bekannt ist, dass sie sich zu Geld machen lassen. Wer Gutes tun will, muss umdenken und vor allem auf die Folgen und nicht nur auf ein gutes Gefühl bei sich selbst schauen.

Der geschichtliche Aspekt

Auch ein Blick auf unsere Vergangenheit darf bei der Überlegung, ob Geschenke für Kinder in Afrika akzeptabel sind nicht fehlen. Der weiße Mann, der kommt und gibt. Irgendwie ist das ziemlich kolonialistisch angehaucht. Karitative Absicht hin oder her, ein Blick zurück kann nie schaden. Meine Devise lautet immer:

Es kommt nicht darauf an, wie ich es meine, sondern wie es bei meinem Gegenüber ankommt, und was es bewirkt!

Selbst braucht man sich aus weiter Entfernung keinen Schuh anziehen, die beschenkte Bevölkerung tut es trotzdem! Das Schenken in Entwicklungsländern ist für mich ein typisches Beispiel von gut gemeint und schlecht gemacht.

Oft werden die geschenkten Dinge aus Neugier und im Erkundungsdrang schnell zerstört, weil die Beschenkten die Handhabung nicht beherrschen. Aus Kugelschreibern und Luftballons entstehen Schrott und Müll, der entweder in Gewässern oder in den Mägen der Nutztiere landet. Mit gut gemeinten Geschenken zerstören wir sogar die Umwelt im Reiseland.

3 Alternativen zu Geschenken im Urlaub

Du möchtest dennoch etwas auf deine Reise in afrikanische Länger mitbringen? Dann setze auf sinnvolle Geschenke für Kinder in Afrika. Wichtig ist vor allem, dass die Kids etwas damit anfangen können, die gut gemeinten Gaben nicht umgehend auf dem Müll oder als Abfall in der Natur landen und du damit Mehrwert stiftest.

  • Bildungsmaterialien wie Stifte, Blöcke und Papier in Schulen abgeben, anstatt auf der Straße zu verschenken. Denn dort werden die Benutzerinnen und Benutzer mit der Handhabung vertraut gemacht und können sie sinnvoll verwenden.
  • Eigenes Wissen und Fähigkeiten vor Ort einbringen, zum Beispiel beim Aufbau eines (eingestürzten) Hauses helfen oder Trinkwasserversorgung forcieren.
  • Seriöse Organisationen vor Ort oder von zu Hause aus unterstützen. Sich in Hilfsprojekte einzubringen ist ebenfalls eine gute Möglichkeit, allerdings nur dann, wenn man lange vor Ort bleibt und auch wirklich selbst Fähigkeiten besitzt, die man vermitteln kann.
  • Freiwilligenarbeit mit Kindern meiden, wenn du nicht viel Zeit zur Verfügung hast. Kinder binden sich schnell, der sändige Wechsel von vertrauten Personen kann sie (erneut) traumatisierten.

Entscheidest du dich dafür, eine Organisation vor Ort zu unterstützen, musst du meist für das Volunteering einen Geldbetrag entrichten. Selbst Helfen ist nicht umsonst. Mach dich auf jeden Fall bezüglich der örtlichen Vorschriften schlau, damit du nicht gegen geltendes Recht verstößt. Mit einem Touristenvisum darfst du an den meisten Orten der Welt (außerhalb Europas) nicht arbeiten. Auch Freiwilligenarbeit ist nicht gestattet. Auch nicht, wenn du nur Unterkunft und/oder Verpflegung im Gegenzug dafür erhältst.

Wir leben in Thailand, dort benötigst du beispielsweise ein spezielles Volunteer-Visum, dass dir die Arbeit für eine lokale Organisation gestattet.

Selbstlos schenken & Gutes tun

Ich mag mit meinem Text zum Nachdenken anregen und möchte niemanden belehren. Zum hineinhorchen in uns selbst, um auf uns zu schauen und zu hinterfragen was uns dazu bewegt, gespendete und gestiftete Sachen unbedingt selbst übergeben zu wollen.

Wenn ich Gutes aus Überzeugung tue, dann mache ich das auch ohne Gegenleistung. Oder sind mir der Blick in leuchtende Kinderaugen und ein dankbares Winken eines Erwachsenen für mein eigenes Wohlbefinden wichtiger als deren Gesundheit, Glück, Zufriedenheit und Freiheit?

Mit diesem Text nehme ich an Tanias Blogparade teil. Sie befasst sich mit der Verantwortung von Reisebloggern und sammelt verschiedene Sichtweisen zu diesem Thema. Mit einem Klick auf den Link findest du noch viele weitere kritische Stimmen zum Tourismus.

Das bedeutet natürlich nicht, dass niemand mehr reisen soll. Wenn wir jedoch alle ein wenig mehr mit Bedacht unterwegs sind und uns die Folgen unseres eigenen Handelns bewusst machen, dann treffen wir bessere Entscheidungen und sagen vermutlich ganz klar “Nein!“, wenn es um das Thema Geschenke für Kinder in Afrika geht.

14 Kommentare

  1. Ich finde das super! Wirklich toll und richtig was du schreibst. Ich sehe das eigentlich genau so.
    Ich habe zwar mal eine private Spendenaktion gemacht, aber zunächst abgeklärt was gewünscht ist und ob es überhaupt gewollt ist! Es war ein einmaliges Erlebnis, aber mir wurden eben auch jene Punkte welche du nennst bewusst: immer überlegen ob es wirklich was bringt. Dass einfach hinfahren Bonbons verteilen und abhauen nicht sinnvoll ist, wird da schnell klar. Man muss mit Leuten vor Ort arbeiten oder sich eben gute Organisationen raussuchen, was aber echt schwer ist…
    Wenn es ok ist – hier unsere damalige Aktion: https://www.kindimgepaeck.de/ein-weihnachtsmann-in-lesotho/

    • Hey Mel,

      klar ist das okay, klicke ich gleich mal rein ?
      Ich finde es auch sehr schwer und möchte gar nicht zwischen richtig und falsch kategorisieren, sondern zum Nachdenken anregen!

      Wir sind zum Beispiel durch eine persönliche Empfehlung auf die Stiftung von B. Richner aufmerksam geworden.

      Liebe Grüße

  2. Ein toller Beitrag, der zum Überlegen anregt.
    Wir kaufen eigentlich immer bei den Einheimischen ein (Souvenirs, Bananen usw), aber wir achten immer darauf, dass es in einem ausgewogenen Verhältnis ist und wir jetzt nicht als Wohltäter rüberkommen.
    Die Stiftung schau ich mir gerne mal an.
    LG
    Charnette

    • Danke Charnette,

      wir essen ja sowieso in von Locals betriebenen Restaurants und bei den Bananen und Früchten unterwegs greifen wir auch sehr gern zu 🙂

      Nur von Kindern kaufen wir nichts. Stichwort Kinderarbeit!

      Liebe Grüße

  3. Ein sehr guter Beitrag! Ich bin auch immer zwiegespalten, wenn es um das Schenken geht. Am Ende eines Urlaubs lasse ich meist ein bisschen Kleidung im Land, das ist dann aber meist für Erwachsene. Letztens in Ecuador hatte ich 20 kleine Malbücher zum Thema Umweltschutz im Gepäck (eigentlich eine schöne Aktion von Explainora). Am Ende der Reise hatte ich genau eins davon verschenkt, und zwar an die Tochter eines Herbergsvaters. Bei anderen sich bietenden Gelegenheiten hatte ich immer ein blödes Gefühl …

    • Liebe Sabine,

      danke dir für dein Feedback!
      Dein Gefühl kann ich verstehen, mir wäre es vermutlich ähnlich gegangen.

      Dieses Jahr in Indonesien haben wir ein Buch meiner Tochter an die Enkelin des Hostelbesitzers verschenkt. Weil es sich so ergeben hatte. Irgendwie war die Situation komisch – auch wenn das Mädchen überhaupt nicht ‚bedürftig‘ war.

      Mir fällt es häufig schwer zu erkennen, ob die Beschenkten das, was man ihnen überreichen möchte, überhaupt gut finden und es nicht nur aus Höflichkeit annehmen.

      Die Thematik Kinderarbeit war mir in diesem Zusammenhang auch lange nicht bewusst.

      Liebe Grüße

  4. Liebe Isabel,

    vielen Dank für dieses interessante und wichtige Thema. Ich habe solche Situationen in Kenia mitbekommen, damals war ich noch sehr viel jünger und war mir überhaupt nicht bewusst, was das für Auswirkungen hat. Heute denke ich darüber wie du und ich finde es super, dass du das hier thematisierst. Ich freue mich, dass du bei der Blogparade dabei bist!

    Viele Grüße,
    Tanja

    • Hallo Tanja,

      lieben Dank für deinen Kommentar!
      Ich muss ehrlich gestehen, dass das Umdenken bei mir erst sehr spät kam, früher habe ich vieles nicht verstanden und oft nicht hinterfragt.
      Seit dem meine Tochter da ist, bin ich viel umsichtiger.

      Liebe Grüße

  5. Ich bin tatsächlich sehr zwiegespalten bei dem Thema. Deine Aussage, dass es wichtig ist, wie es ankommt, nicht wie es gemeint ist, empfinde ich als guten Orientierungspunkt. Wobei es unheimlich schwierig ist, abzuschätzen, wie etwas tatsächlich ankommt. Man muss wohl selbst eine Lernkurve durchlaufen und auf sein Gefühl hören. Aber immer mit Blick auf die von dir genannten Gefahren und Risiken, die wir „Westlern“ einfach nicht sofort auf dem Schirm haben.
    LG, Nicole

    • Hallo Nicole,

      vielen Dank für deinen Kommentar!
      Mit ‚diesem Satz‘ versuche ich mich im gesamten Leben zu orientieren, auch im Umgang mit meiner Tochter.
      Wir meinen Dinge so oft gut und dann bewirken wir damit gar nicht das, was wir erreichen wollen!

      Liebe Grüße

  6. Monika Zörner

    So habe ich das noch gar nicht gesehen und absolut Denkens Wert. Wir reisen demnächst auch nach Südafrika und ich wollte den Kindern was mitnehmen. Aber ich werde das lassen, aber es tut schon weh, wir haben so viel, dass wir dorthin reisen und die Menschen haben nichts. Trotzdem sind sie auf die Devisen des Tourismus angewiesen und wir reisen gerne dorthin. Das Beste, was man machen kann, die Menschen respektvoll begegnen und sich was von ihrer Freundlichkeit bewahren.

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